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Wehrführeramt zu große Belastung

Veröffentlicht von B.K. am 21.01.2014

Wehrführeramt zu große Belastung
Björn Kröger wird nicht wieder für das Ehrenamt kandidieren / Nachfolge gestaltet sich schwierig / Wehr und Stadt suchen nach Lösungen

Wilster Seit zwölf Jahren steht Björn Kröger als Wehrführer an der Spitze der Freiwilligen Feuerwehr Wilster. Ende Februar steht dieser Posten auf der Hauptversammlung der ehrenamtlichen Brandbekämpfer erneut zur Wahl. Zur Überraschung der Kameraden und der politischen Vertreter der Stadt wird der 45 Jahre alte zweifache Familienvater für eine dritte Amtszeit nicht zur Verfügung stehen. Die Suche nach einem Nachfolger gestaltet sich bislang schwierig, der Posten stellt hohe Anforderungen. Feuerwehr und Stadt suchen daher nach Lösungen, das Amt umzugestalten und Rahmenbedingungen zu schaffen, die es ermöglichen, einen künftigen Nachfolger zu entlasten.

„Die Arbeit, die mit dem Posten des Wehrführers einer solchen Wehr verbunden ist, ist einfach zu umfangreich für ein Ehrenamt geworden“, nennt Björn Kröger ganz offen den Grund für seine Entscheidung. Wenn er die Wehr mit einem Unternehmen vergleiche, dann sei dieses mit 61 Mitarbeitern und 28 Auszubildenden nicht gerade klein. Nach zwölf Jahren im Amt ist der Elektromeister im Dreischichtdienst bei einem hiesigen Energiekonzern schlicht nicht mehr bereit dazu, auch in der Freizeit in bislang gewohnter Form an seine Leistungsgrenzen zu gehen. Mindestens zwei Stunden verbringt Björn Kröger täglich mit verwaltungstechnischen Arbeiten der Wehr. Dazu gehört neben dem Dokumentieren von Einsätzen in unterschiedlicher Form die Mitglieder- und Geräteverwaltung, doppelte Buchführung und vieles mehr. Hinzu kommen Dienstabende, Sonderdienste, repräsentative Termine und Einsätze, die das monatliche Stundenkonto belasten. Viel Zeit für die Familie oder andere Freizeitaktivitäten bleibt da nicht. „Zahlreiche Menschen, die mich in den letzten Jahren auf meine ehrenamtliche Tätigkeit angesprochen haben, sind immer davon ausgegangen, dass ich den Wehrführerposten hauptberuflich bekleide“, erzählt Kröger. „Dies ist jedoch nicht der Fall.“

Als Björn Kröger vor zwölf Jahren das Amt des Wehrführers übernahm, war er sich durchaus bewusst, worauf er sich da eingelassen hatte. Doch im Laufe der Zeit wurden die Anforderungen an das Ehrenamt in der Feuerwehr immer größer. Sowohl der bürokratische Aufwand als auch der Ausbildungsumfang haben extrem zugenommen. Brände zu löschen ist schon lange nicht mehr das Hauptaufgabengebiet eines Feuerwehrmannes oder einer Feuerwehrfrau. Unter den 85 Einsätzen, die die 51 aktiven Feuerwehrleute im vergangenen Jahr abgearbeitet haben, waren lediglich 14 Klein- bis Großbrände. „Die Technische Hilfeleistung unter anderem bei Verkehrsunfällen deckt einen deutlich größeren Einsatzbereich ab“, erklärt Kröger. Und auf jedes mögliche Szenario müssen die ehrenamtlichen Feuerwehrleute vorbereitet sein.

Technische Hilfeleistung umfasst heute Einsatzkategorien wie Verkehrsunfälle, Gefahrguteinsätze, Einsätze im Bahnbereich, Sturmschäden, Überschwemmungen, Beseitigen von Ölspuren und Hilfeleistungen in anderen Einsatzlagen. „Dafür werden die Kameraden ausgebildet und ich kann mit Stolz sagen, dass alle Mitglieder unserer Wehr auf einem sehr hohen Ausbildungsstand sind“, so Kröger. Hinzu kommen EDV- und Rhetoriklehrgänge, unterschiedliche Atemschutzgerätelehrgänge und mehr. „Heute ist man auf einem ganz anderen Wissensstand als noch vor 20 Jahren, daher sind sicher viele Änderungen überaus sinnvoll, schon um das Wohl jedes einzelnen Feuerwehrmannes zu schützen“, unterstreicht der Wehrführer. Jedoch führen die vielen Erneuerungen und Erweiterungen bei den Aufgaben zu einemerheblichen Mehraufwand für die Menschen, die ihre Freizeit für diese Tätigkeit opfern. Ob der bürokratische Aufwand gerechtfertigt ist, lässt Kröger gegenüber unserer Zeitung offen. Äußerungen, wie die des Bundespräsidenten Joachim Gauck, der im Rahmen des Neujahrsempfangs im Schloss Bellevue zu mehr ehrenamtlichen Engagement aufrief, verärgern den Ehrenamtler mittlerweile. Er hat den Eindruck gewonnen, dass die Politik den Einblick verloren hat, was die ehrenamtlichen Feuerwehrmänner und -frauen, aber auch die anderen Ehrenamtler im Land bereits leisten. Das Versprechen, Ehrenamtler in irgendeiner Form zu entlasten, hätten die Politiker bis heute nicht erfüllt, moniert Kröger. Positiv jedoch äußert er sich über den Austausch mit den politischen Vertretern in Wilster. „Ich denke, wir sind hier gemeinsam auf einem guten Weg.“

Seit seinem elften Lebensjahr ist Björn Kröger leidenschaftlicher Feuerwehrmann. Nun sei er an einem Punkt angekommen, an dem er sich die persönliche Frage gestellt habe, ob er noch bereit sei, sich den immer größer werdenden Anforderungen und dem Druck zu stellen. „Ich habe für mich entschieden, dass ich dies so nicht weiter mitmachen kann und will“, betont Kröger, der in einem Gespräch mit den Vertretern der Stadt auf die Missstände hingewiesen hat. Der Feuerwehr möchte er weiterhin die Treue halten. Jedoch nicht mehr als Chef. Es gibt Städte und Gemeinden, die auf diese Entwicklung bereits reagiert haben und hauptamtliche Gerätewarte eingestellt haben. Diese nehmen den ehrenamtlichen Wehrführern eine Menge Arbeit ab. Ob sich dieses Modell für Wilster eignet oder ob es geeignetere Lösungsmöglichkeiten gibt, darüber beratschlagen Vertreter der Stadt und der Feuerwehr.

E. Bertschies /shz


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